Bezirksamt bestraft Obdachlosenprojekt – mehrere tausend Euro Strafe

früher Gemeindehaus heute Unterkunft für Obdachlose in der Tieckstraße
Foto - Jörg Zägel (CC BY-SA 3.0)

In Berlin-Mitte entstand ein einmaliges Projekt. In der Tieckstraße 17 in Mitte betreiben das Diakonische Werk und die Koepjohann’sche Stiftung seit Dienstag eine Einrichtung für obdachlose Frauen eröffnet. 48 Frauen und einige Kinder sollen dort ab Mitte März eine Unterkunft finden und betreut werden. Angeboten wird eine Notübernachtung, Zimmer für Frauen mit und ohne Kinder sowie Einzelapartments für betreutes Wohnen. Den obdachlosen Frauen und Kindern soll das “Beratungs- und Wohnhaus” Perspektiven aus der Obdachlosigkeit aufzeigen.

Bezirksamt bedroht Zukunft des Projektes

Doch kaum eröffent ist nun die Zukunft des Projekte und damit die Zukunft von 34 Plätzen für obdachlose Frauen und Kinder bedroht. Das zuständige Bezirksamt fordert vom Betreiber eine Zweckentfremdungsabgabe von 4000 Euro monatlich. Das der Betreiber eine wichtige und notwendige soziale Arbeit leistet interessiert nicht.

Die Begründung: Laut verschärftem Gesetz erfüllt auch die Unterbringung von Obdachlosen oder geflüchteten Menschen zu Tagessätzen in Wohnräumen den Tatbestand der Zweckentfremdung. Das denkmalgeschützte Gebäude war früher ein Pfarr- und Gemeindehaus. Der Hintergrund: Einige Träger verdienen mit der Unterbringung von Wohnungslosen Geld.

Betreiber finden Forderung des Bezirks absurd

Monika Lüke, Geschäftsführerin des Diakonischen Werks Berlin Stadtmitte, ärgert sich – denn “Jetzt sollen wir Geld dafür bezahlen, dass wir Frauen und Kindern, die sonst auf der Straße leben, eine Unterkunft und Zukunftsperspektiven bieten”. Das Diakonische Werk erielt mit der Einrichtung keinerlei Gewinne, denn es handelt sich um eine gemeinnützige Einrichtung.

Für Heidrun Lüdtke, Geschäftsführerin der Koepjohann’schen Stiftung, ist das Vorgehen “an Absurdität nicht zu überbieten”. Die Stiftung investierte fast drei Millionen Euro in die Obdachlosenunterkunft für Frauen.

Stadträtin Herzlos (Die Linke) verweist auf Rechtslage

Für die zuständige Stadträtin Ramona Reiser (Linke) sei ein Verzicht auf die Ausgleichszahlungen weder ein gesetzeskonformes Handeln, “noch ein angemessener Umgang mit dem äußerst knappen Gut Wohnraum“. Natürlich würde man “wohlwollend prüfen”, wenn die Zahlung die Existenz der Einrichtung bedrohen würde.

Bundestagsabgeordnete mit schönen Worten für Einrichtung

Bundestagsabgeordnete Eva Högl (SPD), die ihren Wahlkreis in Mitte hat, sagte bei der Eröffnung: „Es braucht noch viel mehr Einrichtungen spezifisch für Frauen.” Obdachlose Frauen seien oftmals nicht so sichtbar wie obdachlose Männer. Einrichtungen nur für Frauen gibt es in der Stadt in der Tat nur sehr wenige. Ihr Bedarf ist aber enorm, weil viele der Betroffenen Gewalt durch Männer erfahren haben und auf eine Unterkunft angewiesen sind, die nur für Frauen offen ist.

mehr als 50.000 Wohnungslose in Berlin

Laut der Berliner Morgenpost geht man derzeit von bis zu 50.000 Obdachlosen und Wohnungslosen Menschen in Berlin aus. Ca. 15.000 sind davon Frauen und viele von ihnen mit Kindern. Spezielle Angebote sind in Berlin bisher Mangelware. Damit die betroffenen Frauen nicht auf der Straße oder in einer Notunterkunft schlafen müssen, kriechen sie zeitweise bei Verwandten oder Freunden unter. Denn auf der Straße oder in den Notunterkünften sind diese Frauen oft der Gefahr von Übergriffen ausgesetzt. Einige gehen auch kurz- oder längerfristige sexuelle Beziehungen ein, um einen Schlafplatz für sich und die Kinder zu haben.

Obdachlos in Berlin – Doku 2018