
Die in Berlin erscheinende “Junge Welt” hat einen Eilantrag vor Gericht gegen die Erwähnung im Verfassungsschutzbericht gestellt. Das Gericht lehnte den Eilantrag am 18. März 2022 ab. Die Junge Welt wird nach eigenen Angaben regelmäßig seit 2004 im Verfassungsschutzbericht erwähnt.
Dieser Eilantrag wurde am Freitag, den 18. März 2022, zurückgewiesen. Noch bevor jW die Lage mit der Anwältin besprechen konnte, informierte das Verwaltungsgericht die Öffentlichkeit. Zwar sei ein Rechtsschutzbedürfnis für Zeitung und Verlag anzunehmen, weil die Veröffentlichung im Verfassungsschutzbericht eine abträgliche Wirkung haben könnte, heißt es im Beschluss. Aber dies sei hinnehmbar. Gegen eine Eilbedürftigkeit spreche auch, dass die junge Welt über Jahre hinweg der Nennung nicht entgegengetreten sei. Zwar wird eingeräumt, dass durch die dortige Nennung das Recht auf Pressefreiheit verletzt werde, nach vorläufiger Prüfung durch das Verwaltungsgericht sei dies aber gerechtfertigt, weil die von der Gegenseite genannten Anhaltspunkte »hinreichend gewichtig« seien.
Junge Welt – Angriff auf Pressefreiheit
Die Junge Welt sieht in der Erwähnung einen massiven Eingriff in die Pressefreiheit u.a. wegen der sich daraus ergebenden “erheblichen Nachteile im Wettbewerb”.
In einem offenen Brief an alle Bundestagsfraktionen hatten Redaktion, Verlag und Genossenschaft Mitte März 2021 diesen drastischen Eingriff in die Presse- und Meinungsfreiheit beklagt. Sie wiesen zudem auf »erhebliche Nachteile im Wettbewerb« hin, die der jungen Welt aus der Nennung im VS-Bericht erwachsen. So verweigern die Deutsche Bahn und verschiedene Kommunen und Radiosender unter Verweis auf den Verfassungsschutz-Eintrag das Anmieten von Werbeplätzen, Bibliotheken sperren den Onlinezugang zur Zeitung, und eine Druckerei weigerte sich, eine andere Druckschrift mit einer Anzeige der jungen Welt herzustellen. In Reaktion auf unser Schreiben wandte sich die Bundestagsfraktion der Partei Die Linke mit einer Kleinen Anfrage (BT-Drucksache 19/28956) an die Bundesregierung, um sich im Detail nach den Gründen für die geheimdienstliche Beobachtung der jungen Welt und deren Nennung im VS-Bericht zu erkundigen.
Junge Welt (10.06.2021) – #keinMarxistillegal
Nach Angaben der Jungen Welt begründeten 2021 die Bundesregierung und in der aktuellen Entscheidung das Gericht dies u.a. mit der weltschaulichen (politischen) Ausrichtung der Jungen Welt. Das Gericht räumte ein, dass die Nennung im Verfassungsschutzbericht das Recht auf Pressefreiheit verletzen würde. Die seien die vom Verfassungsschutz genannten Anhaltspunkte “hinreichend gewichtigt”.
Das Stigma der Nennung in den VS-Berichten diene auch dem Zweck, »verfassungsfeindlichen Bestrebungen (…) den weiteren Nährboden entziehen zu können«. Um die Reichweite der Zeitung einzuschränken, werden ihre ökonomischen Grundlagen also bewusst angegriffen. Die Bundesregierung kriminalisiert eine Weltanschauung in einer Weise, die an Gesinnungsterror und damit an finsterste Zeiten des Kalten Krieges erinnert. Während sie vermeintliche oder tatsächliche Einschränkungen bürgerlicher Freiheitsrechte in Staaten wie Russland, China oder Kuba wortreich beklagt, werden hierzulande unverschleiert vordemokratische Standards etabliert.
Junge Welt (10.06.2021) – #keinMarxistillegal